Intervallfasten – Teil 1
Gewicht und Fettstoffwechsel
Hi, willkommen bei Wunderwelt Körper! Schon viel zu viel Zeit ist seit der vorherigen Episode vergangen. Jetzt nach Hausbau und Umzug hört ihr wieder regelmäßig von mir.
Als ich beschlossen habe, über Intervallfasten zu recherchieren, auch intermittierendes Fasten genannt, dachte ich mir: „Ach, das ist mal wieder so ein Trend bei dem ein irrsinniger Aufwand getrieben wird, um paar Kilo zu verlieren. Und unterm Strich nimmt man einfach weniger Kalorien auf.
Wow, hab ich mich geirrt!
Speck verlieren ist ganz schnell in den Hintergrund gerückt und andere Aspekte kamen zum Vorschein. Da das ein so großes Thema ist, habe ich es in 3 Episoden aufgeteilt:
- Gewicht und Fettstoffwechsel
- Selbsterneuerung und Stammzellen
- Krebs und Chemotherapie
In dieser Episode geht’s um unser Fett und welchen Einfluss Intervallfasten darauf hat. Intervallfasten bedeutet nicht automatisch, dass man WENIGER isst. Sondern nur WANN. Intervallfasten ist eigentlich ein Überbegriff. Nicht so wie die Kohlsuppendiät bei der man nur Kohlsuppe isst. Intervallfasten heißt nichts anderes, als dass es festgelegte Zeiten gibt – also Intervalle – an denen man isst, bzw. nichts oder wenig isst = also fastet.
Da gibt’s verschiedene Methoden: einer der bekanntesten ist die 16:8 Methode. 16 Std. am Stück fasten, 8 Stunden Essen. 1 Das wäre zum Beispiel Frühstück um 10:00, Mittagessen 13:00, Abendessen vor 18:00. 18:00 bis 10:00 Fasten.
Jeder von uns hat einen Schlaf-Wach-Rhythmus. In der Fachsprache zirkadianer Rhythmus genannt. Dieser Rhythmus wird von einer Vielzahl an Molekülen begleitet und geführt. (CREB, mTOR, AMPK). Zum Beispiel wird abends das Schlafhormon Melatonin ausgeschüttet und als Folge davon schläft es sich so gut vor dem Fernseher ein. – Das alt bekannte Fernschlafen 2
Aber auch andere Hormone hängen von der Tageszeit ab. Zum Beispiel gibt es mehr Insulin am frühen Morgen, als am späten Abend. Deshalb wird das Marmeladenbrot besser morgens, als abends verdaut. 3
Wenn man gegen den biologischen Rhythmus lebt, dann kann das zu einem Ungleichgewicht im Hormonhaushalt und Stoffwechsel führen. Das erhöht das Risiko an Übergewicht, kardiovaskuläre Krankheiten, und Krebs. 4,5,6,7
Dass die Uhrzeit der Mahlzeiten einen großen Effekt haben kann, wissen wir von Studien mit Schichtarbeitern. Da macht es Sinn, innerhalb dieses Schlaf-Wach-Rhythmus zu leben und auch zu essen.
So, was hat das nun mit dem eigentlichen Thema hier zu tun? Intervallfasten!
Wie vorhin schon erwähnt, ist Intervallfasten sehr divers. Viele der Studien die ich gelesen haben, haben die positive Effekte dann bemerkt, wenn die Teilnehmer relativ früh ihre letzte Mahlzeit hatten. Überhaupt war der Effekt dann am besten, wenn die Teilnehmer angepasst an ihren eigenen Melatoninausschüttung gelebt und gegessen haben. 6,7,8 Anders gesagt, die besten Effekte wurden dann erzielt, wenn man innerhalb des eigenen biologischen Rhythmus gelebt und gegessen hat.
Was passiert denn, wenn man so lange fastet:
Die einfachste Art für unseren Körper um an Energie zu kommen, ist über Zucker. Das heißt nicht, dass wir uns allein von Eis und Schokolade ernähren sollen. Aber am einfachsten bekommen wir Energie über Glucose. So heißt der Lieblingszucker in der Fachsprache. So einiges davon habe wir in unseren internen Jausenbox, namens Glykogen gespeichert.
Auf die Energie dieser Jausenbox kann der Körper immer schnell zugreifen und ständig snacken. Allerdings ist diese Jausenbox mit ihren 4-500 Gramm verteilt auf Leber und Muskeln nicht besonders ausgiebig.9,10
Auch wenn der Körper dank Lieferservice, Würstelstandel & Co oft die Möglichkeit hat, seine Jausenbox immer wieder aufzufüllen, kann der Körper auch ohne dem auskommen. Zumindest für eine Weile. Aber was passiert, wenn die Energie aus der Jausenbox dann doch mal aufgebraucht ist? Zum Beispiel, wenn man fastet.
Für diesen Fall hat der Körper die großen Vorratskammern angelegt. An der Hüfte, am Bauch, am Po, Brust, Schenkel,…. Ich spreche von Fett.
Fett ist der größte Schatz unseres Körpers.
Und wenn die Jausenbox leer ist, dann muss die große Vorratskammer herhalten. Fett wird dann umgebaut. Es bildet dann zwar nicht des Körpers Lieblingsessen Zucker, aber sogenannte Ketonkörper. Und damit kann der Körper sich auch für eine Weile begnügen. 11,12,13
Jetzt habe ich vorhin schon angedeutet, dass die Gewichtsabnahme eigentlich nur ein Aspekt von Intervallfasten ist.
Intervallfastende Mäuschen hatten allerdings weniger mit Übergewicht, Glucoseintoleranz und erhöhtem Cholesterol zu kämpfen als ihre Kollegen, die ständig Essen konnten. Der Clou daran: Beide Mäuschengruppen haben über den Tag verteilt gleich viel Kalorien gemampft!14
Es waren also gar nicht das Essen selber, oder die Menge davon, sondern die Uhrzeit ausschlaggebend!
Das ist zwar schön für gesundheitsbewusste Mäuschen, aber gilt das auch für Menschen?
Oh ja!
Wird über eine gewisse Zeit gefastet, dann verändern sich diverse Stoffwechselvorgänge zu unseren Gunsten. Auf einmal findet man bessere Werte wie zb. Glucosetoleranz, geringere Fettleber, verbesserte Zucker- und Fettwerte. 8,14,15,16,15,17,18
Einen Wert möchte ich euch heute vorstellen und heißt Adiponektin. 15,19 Wir nennen ihn Adi. Der Adi.
Adis werden von unserem größten Schatz produziert – vom Fett (v.a in weißen Fettzellen). 20
Aber je MEHR Fett wir haben, desto WENIGER Adis haben wir. Das ist schade.
Denn wenn wir wenig Adis haben, steigt das Risiko an Diabetes Typ II. Also die Art von Diabetes die man sich durch seine Art zu Leben und zu Essen aneignet. 21,22,23
Adis wirken auch antientzündlich und sogar gegen Krebs. 24,25, 26
Denn die Adis reden ein ernstes Wörtchen mit Zellen die sich zu schnell teilen wollen- also Krebszellen.
Nun weiß man aber mittlerweile, dass die netten Adis durch Intervallfasten mehr werden!
Viele Stoffwechselvorgänge ähneln sehr dem Domino Day. Ein Domino-Steinchen fällt um, bringt die anderen Dominos ebenso zu Fall und löst damit eine regelrechte Kettenreaktion aus! Beim Domino Day entstehen durch die gefallenen Steinchen tolle Bilder und Motive. Im Körper lösen Adis auch eine Kettenreaktion aus Signalen aus (AMPK) die wie erwähnt antientzündliche und antikanzerogene Wirkungen haben. Außerdem boosten sie die Fettverbrennung (Beta-oxidation)! 27
Das mag sich jetzt vielleicht wie ein Märchen anhören, aber die Adis sagen sogar dem lästigen Bauchfett den Kampf an. 15,28,22,18 Ja, tatsächlich! Die Adis in uns motivieren diese Fettzellen, damit sie mal was anderes tun, als faul am Bauch zu liegen. Im wahrsten Sinne. Das ist nicht nur praktisch für die Bikinifigur, sondern hat auch einen tieferen Sinn:
Obwohl Fett zwar unser größter Schatz ist, ist zu viel davon auch wieder doof. Etlichen Studien zufolge ist vor allem das Fett am Bauch ungünstig. Also wenn man zu dem Apfeltyp gehört. 29, 30 Birnentyp wäre mehr Fett an Po und Schenkel, Apfeltyp wenn man das meiste Fett am Bauch hat. Es schaut so aus, als hätten die Apfeltypen einen überdimensionalen Apfel verschluckt und der würde nun im Bauch stecken.
Wenn wir zu viel Bauchfett (viszerales Fett) haben, dann erhöht das wieder das Risiko Diabetes Typ II und Herzkreislauferkrankungen zu bekommen. 31,29 Außerdem ist dieses Bauchfett stoffwechselaktiver. Das heißt nichts anderes, als dass dieses Fett seinen Senf zum Stoffwechsel dazu gibt. Das ist aber unerwünscht. Denn dieser Senf fördert dann wieder Ablagerungen in den Blutgefäßen und beeinflusst unter anderem das Insulin negativ. 32,33
Hier kommen wieder unsere Adis ins Spiel. Nicht nur, dass die Adis das doofe Bauchfett bekämpfen, sie haben auch einen guten Einfluss auf das Insulin. 15
Unsere tollen Adis in leuchtender Uniform haben nämlich ein ganzes Spektrum an Heldentaten. Nicht nur, dass sie gegen Bauchfett kämpfen, antientzündliche und antikanzerogene Eigenschaften haben, sondern Adi steht auch für die treue Begleitung des Insulins und den Kampf gegen Insulinresistenz. 15,22,24,34,35,36,37,38,39,40,8,41,42,16
Du erinnerst dich, dass Zucker Glucose das Lieblingsessen von unserem Körper ist.
Dieser Zucker hat aber nicht überall Zutritt, sondern nur, wenn es in Begleitung von dem VIP-Molekül Insulin ist. Sobald ein Eis verspeist wird und der Zucker im Blut ist, kommt unser VIP-Molekül Insulin auf die Bildfläche und führt es mit geschwollener Brust zu den Zellen. Dort klopft es an die Tür – aka bindet an einen Rezeptor – und schleust den Zucker in die Zelle ein wo es dann verspeist wird.
Wenn zwar genug Eis vernascht wird und somit genug Zucker im Blut wäre, aber dieser nicht in die Zellen kommt, wo er gebraucht wird, dann spricht man von Diabetes. 43
Diabetes wird im Volksmund auch Zuckerkrankheit genannt. Denn der Zucker kommt nicht in die Zellen und das kann verheerende Folgen haben. Entweder produziert der Körper zu wenig von dem VIP-Molekül Insulin oder Insulin stößt bei den Eintrittstüren auf taube Ohren. In dem Fall gibt es genug Insulin, das begleitet den Zucker auch zu den Zielzellen und möchte diesen dort wieder einschleusen. Das Problem ist nur, dass das laute Klopfen vom Insulin nicht erhört wird und Insulin und sein Begleiter, der Zucker, bleiben vor verschlossenen Türen stehen. Die Zellen sind resistent gegen das Klopfen vom Insulin. Das nennt man Insulinresistenz. Blöde Geschichte, denn einerseits bekommt der Körper die nötige Energie aus dem Zucker nicht und andererseits stellt der Zucker außerhalb dieser Zellen nur Blödsinn an. 43
Unseren tollen Adis helfen dagegen. Mit vielen Adis kann man der Insulinresistenz entgegenwirken. Mittlerweile ist das schon so bekannt, dass man erste Studien macht, bei denen künstliche Adis als Medikament zugesetzt werden, um dem VIP-Molekül Insulin unter die Arme zu greifen und die doofe Insulinresistenz zu mildern. 34,35,36,37,38,44
Übrigens: Auch Sport unterstützt die Adis bei ihrer Insulinarbeit (Hochregulierung der Rezeptoren AdipoR1/R2)! 45
Das lustige ist, dass diese Adis während des Intervallfastens mobilisiert werden, selbst wenn man kein oder nur minimal Gewicht verliert! 15,19
Das ist zwar echt toll für gesundheitsbewusste Menschen. Aber manchmal möchte man Ergebnisse gleich sehen. Und sind wir uns ehrlich. Verringertes Risiko an Diabetes II und Herzkreislauferkrankungen, sowie antientzündliche und antikanzerogene Wirkungen sind zwar richtig toll, aber…..
….es wäre schon sehr nett, wenn das eine oder andere Kilo auch noch purzeln könnte.
Könnte Intervallfasten nicht aus was für die Figur tun?
Das tut es tatsächlich. Aber auf Umwegen:
Trotz der langen Fastenzeiten reduziert sich auf Dauer das Hungergefühl. Und wenn man weniger Hunger hat, na dann isst man auch weniger und verliert als Folge Gewicht. 46–48,49
Wenn man Gewicht verlieren möchte, geht trotzdem nichts an der Faustregel vorbei, dass man weniger Energie zu sich nehmen muss, als man verbraucht.
Wenn weiterhin gleich viele Kalorien gemampft werden, dann führt Intervallfasten alleine nicht zu einer Gewichtsabnahme 39
Wenn man abnehmen möchte und deshalb weniger Kalorien zu sich nimmt, dann gibt es keinen großen Unterschied beim Gewichtsverlust. Unabhängig, ob das während Intervallfasten oder Essen rund um die Uhr ist. 16
Wenn dann die Kilos purzeln, ist das eine Mischung aus Wasser, Fett, aber leider auch Muskelmasse! AAABER beim kalorienreduzierten Intervallfasten verliert man mehr Fett und weniger Muskelmasse im Vergleich zu der gleichen Kalorienrestriktion des rund um die Uhr Essens. 15,50,51
Zusammenfassung
Intervallfasten ist ein Überbegriff für Rhythmen in denen zu festgelegten Zeiten gegessen, und vor allem gefastet wird. Durch lange Fastenzeiten ist die körpereigene Jausenbox Glykogen aufgebraucht und der Körper baut die Fettspeicher zu brauchbaren Energie um. Weiters löst das eine ganze Reihe an Signalkaskaden alias Domino Day aus. Das Molekül Adiponektin, kurz Adi, ist uns besonders ins Auge gestochen. Adis mobilisieren unser Bauchfett sich endlich mal zu bewegen und unterstützen das VIP-Molekül Insulin. Dabei wirkt es gegen das Diabetes II Risiko. Wer gezielt abnehmen möchte, verliert durch Intervallfasten bei dem Kalorien reduziert werden zwar gleich viel Gewicht wie bei einer rund um die Uhr Essen-Diät.. Aber der große Unterschied ist, beim Intervallfasten verliert man MEHR Fett und WENIGER Muskelmasse.
Obwohl Gewichtsabnahme verlockend ist, beeindruckt mich Intervallfasten vor allem durch den positiven Einfluss auf die vielen diverse Domino Day-Effekte des Stoffwechsels.
Fun Fact
Zu Beginn der Recherche habe ich ja befürchtet, dass Intervallfasten sich auch zu den eigenartigen Diätentrends einreihen kann. Also dem kann ich nun widersprechen. Ich hab mich dafür um wirklich komische Diäten umgeschaut:
Mein Platz Nr. 3: die altebekannte Kohlsuppendiät: Nährstoffgehalt 1 von 10 Punkten, Blähungen: 10 von 10 Punkten.
Platz Nr. 1&2 hörst du in den Folgeteilen der Reihe Intervallfasten.
In der folgenden Episode hörst du über Selbsterneuerung und Stammzellen. Warum der Körper bei Stress wie der Phönix aus der Asche steigt. Bis zum nächsten Mal bei Wunderwelt Körper. Servus und Baba
Hier findest du die Quellen zu Intervallfasten, Teil 1-3
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